Schulbarometer

Umfrage: Lehrkräfte beobachten Gewalt an Schulen

24. April 2024 , 10:50 Uhr

Gewalt unter Schülerinnen und Schülern ist längst kein Einzelfall mehr. Viele Lehrkräfte machen diese Beobachtung, wie eine neue Umfrage zeigt.

Fast jede zweite Lehrkraft in Deutschland sieht an der eigenen Schule psychische oder physische Gewalt unter Schülerinnen und Schülern in problematischem Ausmaß. Das geht aus einer veröffentlichten, repräsentativen Umfrage der Robert Bosch Stiftung hervor. Danach gaben 47 Prozent der befragten Lehrerinnen und Lehrer an, dass es diese Probleme an ihrer Schule gebe.

Für die aktuelle Ausgabe des Deutschen Schulbarometers wurden zwischen dem 13. November und 3. Dezember vergangenen Jahres 1608 Lehrkräfte an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland vom Meinungsforschungsinstitut Forsa befragt. Es handelt sich um eine repräsentative Befragung zur aktuellen Situation der Schulen in Deutschland. Die Robert Bosch Stiftung lässt sie seit 2019 regelmäßig durchführen.

Größte Herausforderung: das Verhalten

Als größte Herausforderung in ihrer beruflichen Tätigkeit sehen Lehrkräfte das Verhalten von Schülerinnen und Schülern. Das sagten bei der aktuellen Umfrage 35 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer. Am zweithäufigsten (33 Prozent) nannten sie den Umgang mit heterogenen Klassen. Gemeint sind damit nach Angaben der Robert Bosch Stiftung Klassen, in denen die Schülerinnen und Schüler individuelle Lernbiografien, unterschiedliche kulturelle und familiäre Hintergründe und unter Umständen auch besondere Förderbedarfe haben.

Bei der Frage, was an den Schulen am dringendsten getan werden müsse, sahen 41 Prozent Handlungsbedarf beim Personalmangel. Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung wertete die Ergebnisse der Umfrage als Momentaufnahme eines kranken Systems. Lehrerinnen und Lehrer müssten seit Langem die Folgen des «massiven Personalmangels» ausgleichen und immer neue Belastungen bewältigen. Gleichzeitig werde das berufliche Wohlbefinden in Zukunft enorm wichtig sein, um Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen zu halten und den Beruf für junge Menschen wieder attraktiver zu machen.

Dringenden Handlungsbedarf sieht gut ein Drittel auch bei maroden Schulgebäuden: 35 Prozent der befragten Lehrkräfte hielten Investitionen in die Sanierung und Renovierung für notwendig. Der Bedarf ist laut Robert Bosch Stiftung in allen Regionen und sozialen Lagen in etwa gleich hoch.

27 Prozent würden den Beruf wechseln

Ganz grundsätzlich zeigt die Umfrage aber auch: Obwohl die Mehrheit (75 Prozent) der Lehrerinnen und Lehrer der Umfrage zufolge zufrieden mit ihrem Beruf und ihren Schulen ist, würden 27 Prozent den Beruf wechseln, wenn sie könnten.

Mit Blick auf die Umfrage sagte die Vorsitzende des Philologenverbandes Susanne Lin-Klitzing, dem Berliner «Tagesspiegel»: «Es ist erschütternd, dass so viele Lehrkräfte im Alltag verschiedene Formen von Gewalt erleben müssen.» Das wachsende Ausmaß von Gewalt an Schulen, der Lehrkräftemangel und der marode Zustand vieler Schulen führten zu zusätzlichem Stress für alle. Deshalb müsse in die Schulen investiert werden.

Auch Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nannte die Ergebnisse alarmierend. Es mache deutlich, wie groß mittlerweile der Handlungsdruck in der Bildung sei, sagte sie den Tageszeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Stefan Düll, sagte: «Wenn Lehrkräfte in der Schule einen großen Teil der eigentlichen Unterrichtszeit aufwenden müssen, um sich mit problematischem Verhalten der Schülerinnen und Schülern und mit der Schlichtung von Konflikten auseinanderzusetzen, bleibt weniger Zeit für guten Unterricht.»

Quelle: dpa

zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

19.05.2024 KMK-Präsidentin: Länder brauchen Klarheit über Digitalpakt Die Digitalisierung in den Schulen stockt. Der Digitalpakt zwischen Bund und Ländern ist ausgelaufen, jetzt wird ums Geld gestritten. Ein Ende des Feilschens ist nicht in Sicht. 14.05.2024 Staatsregierung kritisiert Bildungsstudie Die Chance auf den Besuch des Gymnasiums hängt einer Studie zufolge nirgendwo so sehr vom Elternhaus ab wie in Bayern. Es gibt an der Erhebung aber auch Kritik - besonders von der Staatsregierung. 13.05.2024 Studie: Chance auf Gymnasium hängt stark vom Elternhaus ab In Deutschland hängt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind es aufs Gymnasium schafft, laut einer Studie sehr vom Bildungsniveau und dem Einkommen der Eltern ab - aber nirgendwo so sehr wie in Bayern. 13.05.2024 Studie: Gymnasialbesuch vom Elternhaus abhängig Kinder von Eltern mit weniger Geld und ohne Abitur kommen seltener aufs Gymnasium. Eine weitere Studie bestätigt das. Zwischen den Bundesländern gibt es aber Unterschiede.