Haushalt

Regierungsberater: Bundesfinanzen in ernster Lage

16. April 2024 , 14:15 Uhr

Der Haushalt für 2025 könnte zur Zerreißprobe der Ampel-Koalition werden. Berater sehen eine ganze Reihe Probleme - und bisher keine ausreichenden Lösungen.

Die Bundesregierung muss sich nach Ansicht von Regierungsberatern konsequenter um die Konsolidierung ihres Haushalts kümmern. «Es ist unerlässlich, sich über die ernste Lage der Bundesfinanzen bewusst zu werden», erklärte der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller, in Bonn.

Veränderungen dürften nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. «Das erfordert einen durchgreifenden Konsolidierungsplan, der alle gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt und der es ihnen ermöglicht, sich auf Belastungen rechtzeitig einzustellen.» Die Betroffenen müssten sich zum Beispiel auf den Abbau von Steuervergünstigungen vorbereiten können.

Scheller äußerte sich in seiner Funktion als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, die traditionell vom Rechnungshof-Präsidenten übernommen wird. Drängende haushaltspolitische Fragen seien nach wie vor ungelöst, warnte er. Dazu gehöre etwa die Finanzierung der militärischen Verteidigungsfähigkeit nach dem Auslaufen des Sondervermögens für die Bundeswehr und die Finanzierung des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft. Auch wie die Sozialversicherungen in einer alternden Gesellschaft tragfähig bleiben sollten, sei unklar. Der Bundeshaushalt habe zudem keinen Risikopuffer und keinerlei Spielräume für unerwartete Krisen.

2028 könnte sich die Lage weiter zuspitzen

«Ein Konzept zur Lösung der seit Jahren verschleppten strukturellen Probleme ist längst überfällig», betonte Scheller. «Der Bund braucht eine mittel- und langfristige Perspektive von mindestens fünf bis zehn Jahren für die wichtigen Zukunftsbereiche Verteidigung, Klimaschutz und Sozialversicherung.» Im Jahr 2028, wenn das Bundeswehr-Sondervermögen aufgebraucht sei und die Tilgung von Krediten anstehe, könne sich die Lage weiter zuspitzen.

Ein Aufweichen der Schuldenbremse ist aus Sicht des Regierungsberaters keine Lösung – unter anderem wegen der dann steigenden Zinszahlungen. Bereits in diesem Jahr würden die eingeplanten Kredite rechnerisch fast vollständig für Zinszahlungen benötigt.

Scheller riet der Bundesregierung und Finanzminister Christian Lindner (FDP), einen durchgreifenden Konsolidierungsplan vorzulegen und schon jetzt Lösungen für die Zeit ab 2028 aufzuzeigen. «Der Ernst der Lage erfordert ein schnelles, durchgreifendes und nachhaltiges Handeln der Verantwortlichen», sagte er.

Die Aufstellung des Haushalts für 2025 müsse an der finanzpolitischen Realität und nicht an den Interessen der einzelnen Ministerien ausgerichtet werden. Konkrete Spar- oder Priorisierungsvorschläge machte der Rechnungshof-Präsident nicht. Das sei Aufgabe der Politik, betonte er.

Die Bundesregierung arbeitet gerade am Etat für das kommende Jahr. Dabei muss sie eine Lücke im zweistelligen Milliardenbereich stopfen. Linder hat seine Kabinettskollegen aufgefordert, bis Anfang Mai Sparvorschläge einzureichen.

Quelle: dpa

zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren

11.04.2024 Lindner gibt Ministerien mehr Zeit für Sparvorschläge Der Haushalt 2025 birgt enormen Sprengstoff für die Ampel-Koalition. Es fehlen Milliarden. Jetzt kommt Finanzminister Lindner den Ministerien erst einmal entgegen - aber nur bei einem Termin. 03.04.2024 Bürgergeld-Streit: SPD wirft Lindner «Neiddiskussion» vor Gibt das Bürgergeld zu wenig Anreiz zum Arbeiten? Der Finanzminister ruft die Koalition zu einem «Update» auf - und hofft auf Sympathien in der SPD. Doch aus der Partei kommen scharfe Reaktionen. 02.04.2024 Buschmann: Schuldenbremse hat sich bewährt Es ist erst ein paar Tage her, dass sich führende Wirtschaftsforschungsinstitute für eine «behutsame» Reform der Schuldenbremse ausgesprochen haben. Der Justizminister hält dagegen. 30.04.2024 Ampel-Ministerien zahlen 30 Millionen für externe Juristen Zur Einschätzung juristischer Sachverhalte oder zu möglichen Auswirkungen von Gesetzesplänen holen sich Ministerien auch Expertise von außen. Welches Ministerium hat am meisten Geld dafür ausgegeben?