Papst Leo XIV. hat in seiner ersten Weihnachtsbotschaft einen starken Friedensappell in die Welt gesendet. Zum Höhepunkt der Weihnachtsfeierlichkeiten im Vatikan nahm der im Mai neu gewählte Pontifex leidende Menschen in Kriegsgebieten in den Blick, vor allem in der Ukraine und im Nahen Osten. Vor Tausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom rief das Oberhaupt der katholischen Kirche auch jeden Einzelnen auf, sich gegen Hass, Gewalt und Zwietracht sowie für Dialog, Frieden und Versöhnung einzusetzen.
Als der Papst am Donnerstag um 12.00 Uhr auf den Balkon des Petersdoms trat, brach Jubel unter den Menschen aus, die bei Nieselregen gewartet hatten. Kurz zuvor war er mit dem Papamobil über den Platz gefahren, um die Besucher zu begrüßen. Rund 26.000 Menschen kamen laut Vatikan auf den Petersplatz, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete.
Mit Blick auf den Ukraine-Krieg sagte der Papst: «Möge das Dröhnen der Waffen verstummen und mögen die beteiligten Parteien, unterstützt durch das Engagement der internationalen Gemeinschaft, den Mut finden, einen ehrlichen, direkten und respektvollen Dialog zu führen.»
Er formulierte damit eine Hoffnung, die angesichts einer vorherigen Äußerung auch als Appell an Russland verstanden werden kann: An Heiligabend hatten Medien den Papst mit der Äußerung zitiert, ihn habe traurig gestimmt, dass Russland einen Weihnachtswaffenstillstand abgelehnt hat. Der Papst rief dabei zu einem eintägigen Gewaltverzicht und einer Weihnachts-Waffenruhe für alle Kriege in der Welt auf.
Neben der Ukraine hob Leo in seiner Weihnachtsbotschaft den Nahen Osten hervor. Dort habe er bei seiner jüngsten Reise die Ängste der Menschen vernommen und kenne ihr Gefühl der Ohnmacht angesichts der Machtverhältnisse, unter denen sie litten, sagte er.
Der Papst forderte «Gerechtigkeit, Frieden und Stabilität für den Libanon, für Palästina, Israel und Syrien» und erwähnte explizit die Bewohner des Gazastreifens, die nichts mehr besäßen und alles verloren hätten. Seit dem 10. Oktober gilt zwischen der islamistischen Hamas und Israel eine Waffenruhe. Doch sie ist fragil und die Menschen in dem Küstenstreifen leben weiter unter katastrophalen Bedingungen.
Darauf hatte der Papst in der Messe am Morgen des ersten Weihnachtstages hingewiesen, als er von den Zelten in Gaza sprach, «die seit Wochen dem Regen, dem Wind und der Kälte ausgesetzt sind».
Allgemein sprach er das Schicksal von Soldaten an, die in den Krieg ziehen müssten: «Zerbrechlich sind die Leben der jungen Menschen, die zu den Waffen gezwungen werden und gerade an der Front die Sinnlosigkeit dessen spüren, was von ihnen verlangt wird.»
Leo XIV. wurde im Mai als erster US-Amerikaner zum Papst gewählt. Sein Vorgänger, Papst Franziskus, war im April im Alter von 88 Jahren gestorben. Für die katholische Kirche mit ihren etwa 1,4 Milliarden Gläubigen war es also das erste Weihnachtsfest mit dem 70 Jahre alten US-Amerikaner als Oberhaupt. Die Ansprache vor dem Segen «Urbi et Orbi» (Der Stadt und dem Erdkreis) nutzen die Päpste traditionell für einen Friedensappell.
Leo XIV. wünschte den Gläubigen zum Abschluss in zehn Sprachen frohe Weihnachten, neben Deutsch auch auf Chinesisch und auf Arabisch – und nahm damit eine Tradition seiner Vorgänger vor Franziskus wieder auf. «Es lebe der Papst!», riefen Gläubige, als der Papst auf dem Balkon nochmals zum Gruß die Arme hob.
Frieden und Trost erbat der Papst auch für die Opfer von in Vergessenheit geratenen Kriegen und für alle, die unter Ungerechtigkeit, politischer Instabilität, religiöser Verfolgung und Terrorismus litten. Er nannte unter anderem den Sudan, den Südsudan, Mali, Burkina Faso und die Demokratische Republik Kongo. Er erwähnte auch Myanmar, Haiti und den Konflikt zwischen Thailand und Kambodscha, der kürzlich wieder aufgeflammt war. Er verwies auch auf das Schicksal von Migranten, die aus ihrer Heimat fliehen müssten.
Die Gläubigen erinnerte er an ihre eigene Verantwortung. Er lade alle ein, sich «entschieden und gemeinsam» zu engagieren. «Lassen wir uns nicht von der Gleichgültigkeit gegenüber den Leidenden besiegen», sagte der Papst. «Öffnen wir an diesem heiligen Tag unser Herz für unsere Brüder und Schwestern in Not und Leid.» Würde jeder einzelne, anstatt andere zu beschuldigen, zuerst auf die eigenen Fehler schauen und sich zugleich in die Lage der Leidenden versetzen, wäre die Welt eine bessere.
Überall auf der Welt gebe es Menschen, die sich für die Gerechtigkeit entschieden, auch wenn es sie etwas koste, die Frieden über die eigenen Ängste stellten, erneuerte der Papst am Freitag, dem zweiten Weihnachtstag, seinen Aufruf an die Gläubigen. Das mache Hoffnung trotz aller Unsicherheiten. «Wer heute an den Frieden glaubt und den unbewaffneten Weg Jesu und der Märtyrer gewählt hat, wird oft lächerlich gemacht, aus der öffentlichen Debatte verdrängt und nicht selten beschuldigt, Gegner und Feinde zu begünstigen», kritisierte der Papst, der sich damit erneut an die Gläubigen auf dem Petersplatz wandte. Er erbat dabei auch Beistand für verfolgte Christen.
An Heiligabend hatte der Papst bei seiner ersten Christmette in Rom zu Mitmenschlichkeit aufgerufen. Wo Platz für den Menschen sei, sei auch Platz für Gott, sagte er im voll besetzten Petersdom unter Verweis auf Worte des vor drei Jahren gestorbenen Kirchenoberhaupts Benedikt XVI. Weihnachten sei ein Fest der Hoffnung, das «uns zu Boten des Friedens» mache.
Auf dem Petersplatz verfolgten Tausende im Regen die auf Bildschirmen übertragene Christmette. Der Papst war eigens vor Beginn der Messe vor den Petersdom getreten, hatte die unter Regenschirmen Wartenden begrüßt, ihnen frohe Weihnachten gewünscht und sich bedankt, dass sie trotz des Wetters gekommen seien. Anschließend segnete er sie.
Leo XIV. erinnerte in der Christmette auch an seinen Vorgänger Franziskus, der zu Weihnachten 2024 – gesundheitlich angeschlagen – das Heilige Jahr eröffnet hatte. Das Heilige Jahr endet nun am 6. Januar.
Quelle: dpa