Die Bundesregierung will einem Teil der Afghaninnen und Afghanen, die in Pakistan noch auf eine Aufnahme in Deutschland warten, offiziell eine Absage erteilen. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte dazu auf Nachfrage von Journalisten in Berlin, «dass den Personen, die im Überbrückungsprogramm sind und auf der Menschenrechtsliste stehen, in den nächsten Tagen mitgeteilt werden wird, dass kein politisches Interesse zur Aufnahme mehr vorliegt».
Sie bezog sich dabei auf einen Paragrafen des Aufenthaltsgesetzes, wonach einem Ausländer für die Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Wörtlich heißt es darin: «Eine Aufenthaltserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat.»
Weiterhin Hoffnungen auf eine Aufnahme in Deutschland können sich dagegen circa 90 ehemalige Ortskräfte deutscher Institutionen in Afghanistan und ihre Angehörigen machen sowie rund 580 Menschen, die eine entsprechende Zusage über das sogenannte Bundesaufnahmeprogramm für besonders durch die neuen Machthaber gefährdete Menschen erhalten hatten. Das Bundesinnenministerium betont allerdings, dass auch für Menschen aus diesen beiden Gruppen gelte, dass eine Einreise nicht möglich sei, falls sich bei der vorgeschalteten Überprüfung Sicherheitsbedenken ergeben sollten.
Dem Vernehmen nach ist für die kommende Woche ein weiterer Charterflug von Islamabad nach Deutschland geplant. Die Bundesregierung hatte vergangene Woche erstmals seit dem Regierungswechsel Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm per Charterflug nach Deutschland gebracht. Die 192 Menschen flogen von Islamabad zum Flughafen Erfurt.
In den vergangenen Monaten waren mehrfach Afghanen von Islamabad mit Linienflügen nach Deutschland gebracht worden. Das Bundesinnenministerium ist in Kontakt mit einigen Menschen, die ursprünglich eine Zusage erhalten hatten und jetzt überlegen, ein Angebot anzunehmen, ihren Antrag auf Aufnahme gegen eine Geldzahlung zurückzunehmen.
Pakistan hat der Bundesregierung eigentlich nur bis zum Jahresende Zeit für die Aufnahmeverfahren gegeben. Danach werde man die Menschen nach Afghanistan abschieben. Im August 2021 war die Hauptstadt Kabul als letzte Stadt in Afghanistan nach einer Blitzoffensive der Taliban wieder an die Islamisten gefallen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte Deutschland vergangene Woche verpflichtet, schnell über Visa-Anträge eines afghanischen Ex-Richters und seiner Familie zu entscheiden. Die Karlsruher Richterinnen und Richter begründeten dies mit der «besonderen Dringlichkeit» und der «Besonderheit» des Falles.
Beschwerdeführer waren ein ehemaliger Richter am Obersten Gericht Afghanistans, seine Ehefrau und die vier gemeinsamen Kinder. Das Bundesinnenministerium hatte sie im Jahr 2022 in das Aufnahmeprogramm «Überbrückungsliste» gesetzt.
Quelle: dpa