Nach einem amerikanischen WM-Crashkurs mit der umstrittenen FIFA-Huldigung für Donald Trump und ganz viel Glitzer weiß Julian Nagelsmann jetzt, was ihn im nächsten Sommer erwartet. Curaçao, Elfenbeinküste, Ecuador sind die ersten drei Gegner. Houston, Toronto und East Rutherford die ersten Spielorte. «Ich finde es gut», sagte Nagelsmann zu dieser Konstellation.
Mit Politik und allem sonstigen Brimborium wollte sich der Bundestrainer nach dem günstig ausgefallenen WM-Los in Washington auch nicht mehr aufhalten. «Die Auslosung war eine großartige Unterhaltungsshow. Ich denke, es wird im nächsten Sommer auch so sein», sagte Nagelsmann. Amerika eben.
Bei der Los-Gala hatte Trump auch den erstmals verliehenen Friedenspreis vom Weltverband bekommen. Am Tag danach ging es nur noch um Fußball. Die Spielplanfakten bekam der Bundestrainer bei einem zweiten FIFA-Showact in Washington präsentiert.
Die Fans konnten am Livestream sehen: Los geht es für die Nationalmannschaft am 14. Juni unter dem Stadiondach in Houston um 12.00 Uhr Ortszeit, also 19.00 Uhr in Deutschland gegen Curaçao. Spiel zwei findet am 20. Juni in Toronto (16.00 Uhr Ortzeit /22.00 Uhr/MEZ) gegen die Elfenbeinküste statt.
Das Gruppenfinale steigt in East Rutherford in der Endspielarena am 25. Juni (16.00 Uhr Ortzeit /22.00 Uhr/MEZ) gegen Ecuador. Bei Spiel zwei und drei müssen die Fans in Deutschland bis zum Abpfiff bis kurz vor Mitternacht wach bleiben.
Schnell schwenkte Nagelsmann nach der Auslosung zu den sportlichen Aufgaben. «Es ist eine Gruppe, die uns sofort fordert. Es ist keine Gruppe, in der wir superleicht durchmarschieren werden», warnte er.
Nach der Verkündung der Spielorte legte Nagelsmann dann nochmal nach. «Ich finde, ehrlich gesagt, dass die Gruppe deutlich zu schlecht gesehen wird in der deutschen Medienwelt», meinte der Bundestrainer. «In meinen Augen, gehört sie zu den Top vier Gruppen. Wir müssen schon von Beginn an Gas geben, die Gruppe gut zu überstehen», sagte Nagelmann.
Ein «Step» nach dem anderen machen. Das ist die Marschroute. «Es ist für uns schon wichtig, dass wir den ersten Schritt vor dem zweiten gehen. Wir haben jetzt die letzten Weltmeisterschaften nicht so gestaltet, dass wir immer fest planen können», sagte der Bundestrainer.
Auch die schnell entbrannte Diskussion um einen durch die Auslosung nun möglichen Achtelfinal-Kracher gegen Top-Favorit Frankreich wollte der Bundestrainer nicht zu viel Raum geben. Deren Trainer Didier Deschamps «klatscht jetzt auch nicht achtmal in die Hände, wenn er gegen uns spielt», sagte Nagelsmann.
Mit seinem unerschütterlichen Optimismus passt der Bundestrainer bestens nach Amerika. «Ich verspreche, dass wir in einer sehr guten Stimmung und einer sehr guten Form sein werden im Sommer und wir werden ein guter Wettbewerber sein», versprach der 38-Jährige.
Einem internationalen Reporter, der möglicherweise die deutsche Aufregung um Nagelsmanns forsche Titel-Ansagen nicht kannte, sagt er zum Turnierziel: «Ich habe ja schon mal gesagt, ich glaube, jede Mannschaft, die bei der WM mitspielt, hat irgendwie auch den Drang und die Lust, die WM auch zu gewinnen.»
Gewinnen, das ist es, worum es in Amerika immer geht. Von dieser natürlichen Begeisterung ließ sich die DFB-Delegation gerne anstecken. «Der Bundestrainer ist ehrgeizig, der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft ist ehrgeizig und der Präsident ehrlich gesagt auch», sagte DFB-Chef Bernd Neuendorf.
Also eine blendende WM-Perspektive? Mit der Auslosung im John F. Kennedy Center for the Performing Arts war der Business-Trip nach Washington für Nagelsmann jedenfalls nicht erledigt. Im Gegenteil: Die WM-Arbeit geht jetzt richtig los.
Nagelsmanns nächste Schritte lauten: WM-Quartier buchen. Testgegner finden. Und vor allem: Die Mannschaft um DFB-Kapitän Joshua Kimmich auf ein Turnier vorbereiten, bei dem sie sich zuletzt gezeigte Zweifel und Unkonzentriertheiten nicht mehr leisten kann.
Die befürchtete super-schwere Turnier-Logistik bleibt Nagelsmann in der Gruppe E zumindest für die erste Phase erspart. Der Mittlere Westen und die Ostküste werden zum deutschen WM-Orbit. Das macht auch klimatisch manches leichter.
Das Wunschquartier, dass der DFB jetzt buchen kann, dem Vernehmen nach im amerikanischen Kernland, bleibt eine Option. «Kurze Wege zum Trainingsplatz», eine «gewisse Exklusivität», «einfach die nötige Ruhe», beschrieb Nagelsmann die Vorteile des Basecamps, das bestenfalls schnell verkündet werden wird.
Zusatzarbeit bescherte die Auslosung bei der Auswahl der Testgegner für den März. Die für den 30. März in Stuttgart eingeplante Elfenbeinküste fällt als WM-Gegner weg. Man habe schon Ersatzoptionen, sagten Nagelsmann und Neuendorf. Murat Yakin, der Trainer der Schweizer, verriet am Sky-Mikrofon etwas verklausuliert, dass es am 27. März ein Duell der Eidgenossen gegen die DFB-Elf geben könnte. Das wäre dann der Auftakt ins WM-Jahr.
Quelle: dpa