Bayreuther Forschungsprojekt beleuchtet Rolle der Justiz im NS-Regime

27. November 2025 , 18:28 Uhr

Die Rolle der Justiz in der NS-Zeit, ihre handelnden Personen und die Folgen ihrer Entscheidungen sind bis heute nicht vollständig aufgearbeitet. Ein Forschungsprojekt am Landgericht Bayreuth will dies ändern und hat sich mit Gesetzgebung und Rechtsprechung während der NS-Herrschaft auseinandergesetzt. Zudem erinnern die Forscher mit ihrer Arbeit an die Schicksale der betroffenen Menschen.

Mehr als fünf Jahre haben Wissenschaftler der Universität Bayreuth dazu Hunderte Verfahren gesichtet, handelnde Personen identifiziert und den Umgang mit Justizunrecht analysiert. In einer Feierstunde am Landgericht Bayreuth wurde das Projekt in Beisein von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) vorgestellt.

Auf einer Internetseite und auf interaktiven Stelen im Gerichtsgebäude sind die Forschungsergebnisse künftig für jeden und jede einsehbar. Während der NS-Zeit waren in Bayreuth ein Sondergerichtshof und ein Volksgerichtshof ansässig. So brachten die Forscher etwa ans Licht, dass im Februar 1945 Hunderte politische Häftlinge nach der Bombardierung des Berliner Volksgerichtshofs nach Bayreuth gebracht wurden.

Zu einer für den 14. April geplanten Erschießung aller in Bayreuth inhaftierten Gefangenen kam es demnach nur deshalb nicht, weil amerikanische Soldaten die Stadt am gleichen Tag erreichten. Unter den Gefangenen des Zuchthauses habe sich auch der spätere Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (CDU) befunden – dieser Teil der Geschichte sei bis heute weitgehend unerforscht geblieben.

«Die menschenverachtenden NS-Verbrechen waren auch deshalb möglich, weil sich nicht wenige Juristen, die eigentlich Recht und Gesetz verpflichtet waren, in den Dienst des Regimes gestellt haben», sagte Minister Eisenreich bei der Vorstellung des Projekts. «Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ist gerade in diesen Tagen, in denen wir die schlimmste Antisemitismuswelle nach Ende des Zweiten Weltkriegs erleben und Demokratien durch den zunehmenden Einfluss von autoritären Kräften weltweit unter Druck geraten, besonders bedeutsam.»

Der Präsident des Landgerichts Bayreuth, Matthias Burghardt, sagte: «Uns war und ist bewusst, dass wir mit unserer Forschungsarbeit nichts wiedergutmachen können.» Das Bestreben sei es gewesen, das bisherige «Nichts» auszufüllen mit einer belegten Erinnerung an das, was im Namen der deutschen und auch der Bayreuther Justiz im Dritten Reich geschehen und nach dem Zweiten Weltkrieg unterlassen worden sei.

Eine Gedenktafel im Landgericht erinnert künftig an die aktive Beteiligung der Justiz am NS-System, an die fehlende Aufarbeitung von Justizunrecht nach dem Zweiten Weltkrieg und an die Opfer der NS-Justiz.

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