Pfarrer werden ohne Abitur: Die evangelische Kirche in Bayern bietet fachfremden Quereinsteigern, die Pfarrer werden wollen, künftig ein berufsbegleitendes Fernstudium an. Im September 2024 soll der Studiengang an der Augustana-Hochschule im mittelfränkischen Neuendettelsau starten, wie das Landeskirchenamt am Freitag in München mitteilte.
Die Anwärter sollen dort «theologisches Know-how im Fernstudium und einzelnen Präsenzblöcken» erhalten. Der Studiengang ist auf drei Jahre angelegt. Nach einem anschließenden zweijährigen Vikariat könnten sie dann als Pfarrerinnen oder Pfarrer arbeiten.
«Als Kirche sind wir an Menschen mit ihren individuellen Begabungen interessiert», sagte Isolde Schmucker, die Ausbildungsreferentin der Landeskirche. «Fähigkeiten aus anderen Berufsfeldern bereichern den Dienst als Pfarrerin oder Pfarrer.»
Bislang gab es die Möglichkeit für einen solchen Quereinstieg dort nur über den Pfarrverwalter-Studiengang. Künftig können alle Protestanten im Fernstudium Pfarrer werden, die einen mittleren Schulabschluss, eine abgeschlossene Berufsausbildung und mindestens acht Jahre Berufserfahrung haben.
Quereinsteiger, die bereits studiert hatten, konnten bislang an mehreren Hochschulen in Deutschland einen Master machen und damit ins Vikariat zugelassen werden. «Großer Unterschied zu unserem berufsbegleitenden Studiengang ins Pfarramt ist, dass hier weder Abitur noch ein erstes (Bachelor-)Studium benötigt werden. So können auch Menschen aus Ausbildungsberufen ins Pfarramt kommen», sagte der Sprecher der Landeskirche, Johannes Minkus.
«Der berufsbegleitende Studiengang ins Pfarramt ist für Menschen gedacht, die mitten im Leben feststellen: Ich möchte gerne einen Beruf ausüben, bei dem der Sinn des Lebens im Vordergrund steht», sagte die Professorin Sonja Keller von der Augustana-Hochschule, die nach Angaben der Landeskirche bei der Entwicklung des neuen Studienganges federführend war.
Bewerben können sich Kirchenmitglieder im Alter zwischen 26 und 49 Jahren. Auf sie kommen rund 20 bis 25 Stunden die Woche mit Online-Vorlesungen und Selbststudium zu sowie zwei Präsenz-Blockseminare pro Semester. Das Studium ist – abgesehen von Materialien und Unterkunft während der Präsenzseminare – kostenlos.
Wer schon eine theologisch-pädagogische Ausbildung und mindestens acht Jahre im entsprechenden Beruf gearbeitet hat, kann den Studiengang auf anderthalb Jahre verkürzen. Anmeldeschluss für das Wintersemester 2024/25 ist der 31. Januar kommenden Jahres.
Nach Angaben des Landeskirchenamtes hatten sich im vergangenen Jahr 284 Theologiestudierende in die Anwärterliste eintragen lassen, um in der bayerischen Landeskirche Pfarrer oder Pfarrerin zu werden. 2018 waren es noch 365.
Auch die Zahl der aktiven Pfarrer ging in den vergangenen Jahren zurück – von 2423 im Jahr 2018 auf 2278 im Jahr 2021.
«Durch das jetzt attraktivere Quereinsteiger-Angebot hoffen wir natürlich auch, dass künftig mehr Menschen mit ihren individuellen Berufsbiografien ein vielfältiges Set an Kompetenzen in den Pfarrberuf mitbringen können», sagte Minkus.