Nach sechsjähriger Bauzeit und mehrfachen Verzögerungen ist die erweiterte Dokumentation Obersalzberg fertig. Am 27. September und damit eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Bayern werde der Neubau mit der neu gestalteten Dauerausstellung am ehemaligen zweiten Regierungssitz Hitlers eröffnet, bestätigte ein Sprecher des Finanz- und Heimatministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Erwartet werden unter anderem Ministerpräsident Markus Söder und Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (beide CSU). Söder hatte als Fürackers Vorgänger im Oktober 2017 den Grundstein für den Neubau gelegt. Damals hieß es, 2020 solle eröffnet werden. Dann kam Corona dazwischen.
Unter dem Leitmotiv «Idyll und Verbrechen» soll die neue Ausstellung die enge Verbindung des Obersalzbergs mit den Massenverbrechen des Nazi-Regimes aufzeigen. Das Team des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) entwickelte das Konzept, das mit mehr als 350 Exponaten und zahlreichen multimedialen Elementen die Geschichte des Obersalzbergs neu vermitteln soll.
Der Ort ist geschichtsträchtig. Adolf Hitler hatte einst auf dem Obersalzberg Gäste empfangen und teils die Regierungsgeschäfte geführt. Fünf Minuten Fußmarsch von der heutigen Dokumentation entfernt fällte Hitler in seinem Berghof weitreichende und todbringende Entscheidungen.
Hitler verbrachte rund ein Viertel seiner Regierungszeit am Obersalzberg. Dort seien etwa Propagandabildwelten geschaffen worden, die Hitler als volksnahen «Führer» inszenierten, erläuterte eine Sprecherin des IfZ, das die Ausstellung museumsfachlich betreut. Die Dekonstruktion dieser Bilder sei ein wichtiges Anliegen der neuen Ausstellung. Im Zentrum stehe die Verbindung zwischen der idyllisch gelegenen Bergresidenz und der großartigen Landschaft einerseits sowie den Tatorten und Opfern der von hier aus betriebenen Verfolgungs- und Mordpolitik in ganz Europa andererseits.
Durch die Ausstellung leiten den Angaben zufolge Schlüsselexponate, die verschiedene Themenkomplexe anhand eines ausgewählten Ausstellungsobjekts erschließen. Das größte Exponat auch der neuen Dauerausstellung ist die historische Bunkeranlage.
Die «Dokumentation Obersalzberg» betreibt seit 1999 die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, sie zählt dabei zu den bundesweit und international bedeutenden Einrichtungen. Mehr als drei Millionen Menschen besuchten das Zentrum mit der Dokumentation über die NS-Gewaltherrschaft und ihre Folgen, ehe es wegen des Neubaus geschlossen wurde.
Die Resonanz hatte schnell die Erwartungen übertroffen. Die für rund 30.000 bis 40.000 Gäste konzipierte Dokumentation verzeichnete schließlich jährlich etwa 170.000 Besucher aus dem In- und Ausland, unter ihnen auch Schulklassen. In Spitzenzeiten drängten sich fast 1500 Besucher täglich in der Ausstellung. Die Entscheidung zur Erweiterung war bereits vor gut zehn Jahren gefallen.
In der Planung war dafür anfänglich von etwa 14,6 Millionen Euro ausgegangen worden. Nun soll der zuletzt genannte und genehmigte Kostenrahmen von 30,1 Millionen Euro eingehalten werden. Allerdings dauere die Prüfung und Aufarbeitung aller Sachverhalte und Forderungen noch an, hieß es.