Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger wird nach eigenen Angaben derzeit so oft um Selfies gebeten «wie noch nie». Auch beim Wiesn-Anstich im Schottenhamel wurde er immer wieder nach Fotos mit Oktoberfest-Besuchern gefragt. Eindrücke, wonach CSU-Politiker sich eher nicht gemeinsam mit Aiwanger auf der Wiesn zeigen wollten, kommentierte der stellvertretende bayerische Ministerpräsident am Samstag so: «Ob ein CSUler mit mir auf ein Foto will oder nicht», das interessiere ihn weniger. «Wichtig ist, dass die Leute ein Selfie machen wollen.»
Aiwanger war in den vergangenen Wochen in die Schusslinie geraten, nachdem bekanntgeworden war, dass er in seiner Zeit als Gymnasiast ein antisemitisches Flugblatt in seiner Schultasche mit sich geführt hatte. Aiwanger bestreitet die Autorenschaft für die Hetzschrift, bekannt dazu hat sich sein Bruder.
Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU), der bei der Eröffnung des Oktoberfestes am Nebentisch von Aiwanger saß, hatte zwei Tage zuvor bei Facebook geschrieben: «Hubert, halt endlich die Klappe.» Aiwanger kommentierte das später bei einem Auftritt in einem Cafézelt auf der Wiesn so: «Naja, wenn er meint, dass das der richtige Umgangston ist.» und: «Jeder sollte vor seiner eigenen Türe kehren.»
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Aiwanger trotz heftiger Kritik im Amt belassen, die CSU will die Koalition mit den Freien Wählern auch nach der Landtagswahl am 8. Oktober fortführen.
Die Freien Wähler lagen zuletzt in der repräsentativen Erhebung des Instituts Infratest dimap bei 17 Prozent. Das ist noch einmal ein Prozentpunkt mehr als in zwei Umfragen anderer Institute aus der vergangenen Woche – und der höchste Wert, den die Freien Wähler je in einer Umfrage erzielten. Die CSU steckt laut jüngsten Umfragen dagegen im Stimmungstief: Im «Bayerntrend» des Bayerischen Rundfunks vor rund einer Woche kommt die CSU erneut nicht über 36 Prozent hinaus, wie schon in zwei vorangegangenen Umfragen. Das ist der niedrigste Umfragewert seit mehr als eineinhalb Jahren – niedriger auch als das schon historisch schlechte Landtagswahlergebnis 2018 (37,2 Prozent).